Kunst
Halbwertzeit
Beatriz von Eidlitz und Andreas Stetka
Halbwertzeit bezeichnet in der Reaktionskinetik die Zeitspanne, in der ein Stoff sich zur Hälfte umsetzt oder zerfällt.
Bildhaft, metaphorisch und poetisch kann das heißen: Alte, gebrauchte, vernutzte Materialien haben die Hälfte ihrer Lebensdauer hinter sich. Nach dieser Halbwertszeit von Gebrauch, Abnutzung, Korrosion etc. kann etwas Neues beginnen, lassen sich an den Materialien neue Aspekte, Eigenschaften, Qualitäten entdecken.
Als Materialien der Gestaltung werden sie aus der Sphäre von Nutzen und Zweckdienlichkeit transponiert in die Sphäre des Spiels, der Betrachtung, der Verfremdung, Neukombination, Verwandlung.
Die stillgelegte Ziegelei in Oberkaufungen ist ein eindrucksvoller Ort: ein Industriedenkmal, ein beachtliches Bauwerk, ein merkwürdiges, in den Tiefen seines Inneren fast dämonisches Monstrum. Es ist ein Ort, der sich selbst im Stadium der Verwandlung befindet. Und es ist ein Fundort für Materialien und Raumsituationen. Aus und in diesem Kontext haben Beatriz von Eidlitz und Andreas Stetka ihre Installationen entwickelt.
Auf den zweiten Blick – Die Ästhetik des Verfalls
Fotoausstellung mit 52 Aufnahmen von Jörg Schulze, Bonn
Die Ausstellung (4. Juni – 2. Juli 2007) zeigt grafische Strukturen in leuchtenden Farben, deren Ästhetik sich dem Betrachter sofort erschließt. Es sind Nahaufnahmen von Rost, von Oxidation und Erosion, von überwucherten Ruinen, von Sperrmüll und abgestorbenen Bäumen. Der erste Blick fokusiert Moder und Verfall, der zweite, die Nahaufnahme, die wir hier sehen, die Poesie, die Schönheit, die Ästhetik des Verfallenden. Zur Eröffnung rezitierte Jörg Schulze Gedichte über die Vergänglichkeit, auf der Klarinette begleitet von Tim Schäfer, Kassel.
bongo – the brain
Fotografien und Keramiken von Ulrike Seilacher
Bongo – the brain nennen die Menschen in Tansania ihre Hauptstadt Dar es Salaam.
Die Keramikerin Ulrike Seilacher hat als Dozentin 3 Jahre in Ostafrika gelebt. In der Ausstellung (06.05 – 06.06 2005) ergänzen ausdrucksstarke schwarz/weiß Fotos die dünnwandigen, zylindrischen Gefäße, in denen sie ihre Eindrücke aus Afrika verarbeitet hat. 4 Veranstaltungen, die wie die Ausstellung von der Kasseler Sparkasse gefördert wurden, bildeten das Rahmenprogramm: ein afrikanischer Markt mit Kunsthandwerk, Kaffeezeremonie, Afrika-Initiativen und einer Odja-trommel und -Tanzgruppe aus Ghana, der Vortrag,: MTU NI WATU – zum afrikanischen Menschenbild von Dr. W.Richebächer, der Spielfilm „Guelwaar“ von Ousmana Sembene, Senegal und ein afrikanischer Abend zur Finissage.
Eindrücke einer stillgelegten Ziegelei
SIDHAI
Vom Landkreis Kassel finanziert, hat Harald Feiler, genannt Sidhai, über einen Zeitraum von 7 Monaten vor Ort in der Ziegelei realistische Skizzen und Bilder geschaffen. Die Öl- und Acrylbilder sind im Besitz des Ziegeleimuseums und wurden am Internationalen Museumstag 1999 in der ehemaligen Maschinenhalle ausgestellt. Sidhai lebt heute in Köln.
Fibonaccis Tempel
42 Stelen aus gestapelten Ziegelsteinen
Sigurt Schaper, 1993
Auf dem Platz vor der alten Ziegelei türmen sich 42 schlichte Stelen aus unvermauerten Ziegeleisteinen. Alle besitzen sie die gleiche quadratische Grundfläche, doch variieren sie in der Höhe. Sie befinden sich an dem Ort, wo in früheren Zeiten die fertigen Ziegel gelagert wurden und auf ihren Abtransport warteten. Ihr Aufbau verweist auf diese ursprünglichen Stapel und die Arbeitsprozesse, die hier abliefern. Ihre Form korrespondiert als einfache „Bau“-Form mit dem Gebäude im Hintergrund und präsentiert die Ziegelsteine in ihrer ureigensten Funktion: als Baumaterial.
Theater
Aktionstheater Kassel
In der „Geisterhalle“, einer Anbauruine am Hauptgebäude der Ziegelei, hat das Aktionstheater Kassel im Spätsommer 1999 die Pressefotos für das Stück „Die Tochter des Ganovenkönigs“ von Ad de Bont gemacht.
Der Raum, der als Lager für denkmalgerechte, aus anderen alten Gebäuden stammende Baustoffe genutzt wird, hat Helga Zülch zu ihrem Bühnenbild inspiriert. Und so lag es nahe, einmal in der Ziegelei – gewissermaßen am „Ausgangspunkt“ – inmitten der Zuschauer das Stück aufzuführen.
Regie/ Konzeption: Helga Zülch
König: Holger Birkholz
Königin: Judith Nipper
Julchen: Stephanie Hecht
Kommissar: Michael Werner
Richter: Werner Zülch
Grossmama: Helga Zülch
Ausstellungen
Das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne…
…hat 2008 für 7 Wochen im Loft der Ziegelei eine Aktionsausstellung aufgebaut, mit 15 Stationen zum Staunen, zum Lauschen, zum Schauen, zum Spiel mit dem Gleichgewicht, zum Tasten und zum Be-Greifen. Am Tag des offenen Denkmals (14.09) kamen mit einem Dunkelgang und einem 40 m langen Ziegel-Barfusspfad zwei weitere Sinnesstationen dazu. Im Rahmenprogramm „montags im loft“ wurde der Film „Erbsen um halb Sechs“ gezeigt; eine Lesung von Frank Hellbrück mit Texten von Hugo Kükelhaus wurde von Kirstin Hempel mit der Querflöte begleitet und Dr. Lienhard Barz, Nürnberg hielt den Vortrag „Entfaltung der Sinne tut Not“.
Auch diese Ausstellung ist „leider schon vorbei“, aber das Erfahrungsfeld der Sinne ist seit August 2011 in die Ofenhalle eingezogen.
Neuer Nutzen in alten Industriebauten
Die Wanderausstellung der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland (Konzeption: Axel Föhl) zeigt auf 36 Bildtafeln die Umnutzung von ehemaligen Industriebauten zu Wohnungen, Dienstleistungszentren, Theatern u.a.
Sechs Vorträge zu Themen der Denkmalpflege bildeten im Sommer 2003 das Rahmenprogramm „montags im loft“:
Was ist ein Baudenkmal? Prof. Dr. Ing. Heinrich Klose
Die Arbeit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Karl Eberhard Feussner, MA
Die hessische Dachlandschaft, Wolfgang Korn
Das Schicksal nordhessischer Industriedenkmale Dipl. Ing. Rolf Höhmann
Die ehemalige Ziegelei Lohöfer, Tamara Leszner
Die neue Konservatorin stellt sich vor: Dr. Verena Jakobi
Ton- Wasser – Feuer, Dr. Klaus Sippel
Ausstellung und Vorträge wurden von der Kulturstiftung des Landkreises Kassel gefördert.
24 Christbäume
unendlich viele Weihnachtsträume
Die Ausstellung (1.- 4. Advent 2003) erzählte mit 24 verschieden geschmückten Weihnachtsbäumen eine kleine Kulturgeschichte des Weihnachtsbaumschmucks. Schwere Glaskugeln, Holzspielzeug aus dem Erzgebirge, Nelken gespickte Apfelsinen, kunstvoll arrangierte Birkenrinde, gebackene Springerle und, und, und.
Mit Glühwein, Bratäpfeln und Kerzenschein kam besonders „montags im loft“ Adventsstimmung auf:
Almut Weingart erzählte „Kinn Zimdschdern zu sehen . . „ Advents- und Weihnachtsgeschichten von Dickens bis Lagerlof wurden vorgelesen und Nadine Möncher sang Adventslieder zur Gitarre.
Historische Landmaschinen und Geräte
1. Rohölzünderclub Kaufungen
Der 1. Rohoelzünderclub Kaufungen präsentierte am Pfingstwochenende 2008 auf dem Ziegeleihof mehr als 100 Traktoren und Landmaschinen. Wobei die Kaufunger selbst, aus Platzmangel, noch nicht einmal alle ihrer liebevoll restaurierten Schätze ausstellen konnten. Der Star der Ausstellung war eindeutig Lanz-Leo aus Niederbayern, der seinen Oldtimer von 1907 immer wieder unter Dampf setzte. Drehorgelmusik erzeugte ein leise laufender Motor, der in den Pausen einen Schleifstein antrieb. Den dieselbetriebenen Schienenkuli, der bis ca. 1965 in der Ziegelei den Ton vom Eimerkettenbagger zur Rampe transportierte, hatten die eifrigen Rohoelzünder aus dem Museumsdepot geholt und auf Hand verlegte Schienen gestellt.
Seminare und Workshops
Ein Expertengespräch über Ziegelbrenntechniken war der erste workshop der im Mai 2003 in der Ziegelei stattfand. Die Arbeitsgruppe Historische Ziegeleien und Ziegeleimuseen des Bundesverbandes der Ziegelindustrie tagte im Juli 2007 in Oberkaufungen. Dass sich die Räume des Museums auch für ganz andere Themen eignen, zeigten Seminare für Erzieherinnen, die 2008 vom Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne Kassel e.V. veranstaltet wurden